Samstag, 14. Juni 2025

Kunstsammlung NRW

Denkt man an Marc Chagalls Kunst, dann hat man Liebende vor Augen, die in einer blauen Fantasiewelt durch den Himmel schweben, Geiger, die auf Dächern sitzen und Kühe, die in grünen Flüssen schwimmen, vielleicht aber auch das als ein wenig süßlich empfundene Spätwerk: Blumenstillleben.
Doch die Zeiten, in denen Marc Chagall (1887-1985) lebte, waren alles andere als süß: Geboren in Witebsk, einer Kleinstadt im heutigen Belarus, wurde er geprägt vom Leben in einer jüdisch-orthodoxen Familie, aber auch von Antisemitismus, Pogromen und Diaspora – Eindrücke, die er zeitlebens in seinen Bildern reflektiert.
Als junger Künstler experimentierte er in Paris mit Fauvismus und Kubismus und verband diese neuen stilistischen Tendenzen einzigartig mit jüdischen Motiven und russischer Folklore. Diese frühen Bilder, die die weniger bekannte dunkle und gesellschaftskritische Seite des Künstlers sichtbar machen, bilden den Schwerpunkt der Ausstellung in der Kunsthalle K20.

Ein wechselhaftes Leben mit Vertreibung und Flucht (aus Äthiopien, Iran und Pakistan) hat auch die äthiopisch-amerikanische Künstlerin Julie Mehretu (* 1970 in Addis Abeba). Sie zählt zu den einflussreichsten Malerinnen der Gegenwart. Ihre Arbeiten, die wir vor der Chagall-Ausstellung in der benachbarten Kunsthalle K21 besuchen, werden zum ersten Mal in Deutschland präsentiert.
Gezeigt wird die gesamte Entwicklung des Werks von Julie Mehretu von urbanistisch geprägten Linienzeichnungen aus den 1990er Jahren bis zu neusten abstrakten Malereien in spektakulärer Größe. Indem sie Medienbilder politischer Ereignisse und historischer Schauplätze mit zahlreichen Notationen, Übermalungen und Abklebungen in komplexe abstrakte Kompositionen übersetzt, stellt sie ihre Sicht auf die Welt dar.