Ein Erlebnis
Elektra | Oper Köln
Die Kölner Oper eröffnet mit Richard Strauss’ „Elektra“ die Saison und beschert dem Publikum einen sensationellen Abend, der szenisch wie musikalisch zutiefst beeindruckt. Regisseur Roland Schwab und Bühnenbildner Pierro Vinciguerra schaffen einen expressiven Raum, der durch raffinierte Personenführung und Lichtgestaltung zum Seelenraum Elektras wird. Die Kulisse ist bedrückend und zeigt eine düstere Welt, in der Hass und Rache dominieren, eine Welt, die von der Raserei Elektras geprägt ist und gleichsam deren Abbild ist. So wird Oper zu einem echten Thriller, der in einem Setting spielt, das die Grenzen des Menschlichen auslotet und einfach mitreißend ist. Musikalisch brilliert die Produktion vor allen Dingen mit dem Debüt von Allison Oakes in der Titelrolle, die mit ihrer Interpretation fulminant überzeugt. Oakes verleiht der Figur mit dramatischem und kraftvollem Gesang eine bemerkenswerte menschliche Tiefe. Astrid Kessler als Chrysothemis ist eine perfekte Ergänzung wirkt mit ihrer mädchenhaften Leichtigkeit wie der komplette Gegenentwurf zur Titelfigur. Grande Dame Lioba Braun glänzt als Klytämnestra mit einer reifen und facettenreichen Darstellung.
Felix Bender dirigiert das Gürzenich-Orchester souverän und lässt Bühne und Orchester perfekt miteinander verschmelzen. Bender dirigiert einen Strauss, der die schwelgerischen Momente der Musik auskostet, sich aber auch voller Inbrunst in die gewaltigen, am Rande der Atonalität angesiedelten Passagen wirft. Das Gürzenich-Orchester musiziert dabei fabelhaft. Insgesamt gelingt der Kölner Oper mit dieser „Elektra“ ein bemerkenswerter Auftakt, der musikalisch wie inszenatorisch auf höchstem Niveau begeistert.
Sebastian Jacobs
Donnerstag, 10. Oktober 2024 | Kritiken