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HIOB | Depot 1

Mit "Hiob" beschrieb Joseph Roth, als Autor von "Radetzkymarsch vermutlich am bekanntesten, 1930 die bewegende Lebensgeschichte eines Menschen, der in seinem festen Gottesglauben zutiefst erschüttert wird.

Als orthodoxer Jude reagiert Mendel Singer auf Fragen des Lebens stets mit dem Hinweis auf "Höheres", verweigert in seinem fanatischen Glauben seinen jüngsten, an Epilepsie leidendem Sohn Menuchim, sogar ärztliche Obhut. Seine Familie reagiert abwehrend, lässt sie sich zudem von dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, den USA, faszinieren. Die Kinder Mirjam, Jonas und Schemarjah wandern aus, holen später die Eltern nach. Sie alle sterben Mendel nach und nach hinweg. Diesen Schicksalsschlag vermag er nicht mehr als Prüfung Gottes zu akzeptieren. Er sagt sich von seinem himmlischen Übervater los. Doch dann geschieht so etwas wie ein Wunder. Ein junger Mann, von Beruf Dirigent, tritt in den Kreis von Mendels jüdischen Freunden. Er berichtet von einer eigentümlichen Karriere, wobei sich nach und nach erweist, dass es sich bei ihm um den geheilten Menuchim handelt. Beim Wiederfinden von Vater und Sohn scheint in der großen Halle von Depot 1 die Zeit stehen zu bleiben. Bruno Cathomas erzeugt mit der Erschütterung Mendels ein Gefühl wie jenseits von Raum und Zeit. Doch ist das Geschehen wirklich ein Wunder? Regisseur Rafael Sanchez deutet die Vorgänge keineswegs nüchterner, aber doch abwägender. Bei ihm findet Mendel zu Gott zurück, doch religiöser Fundamentalismus weicht nunmehr einem Toleranzdenken. Mendels letzter Satz lautet "Ich begrüße die Welt". Rafael Sanchez inszeniert diesen Moment fast oratorisch, gibt damit Wort und Nachdenken weiten Raum. Die Bühnenadaption von Roths Roman durch Koen Tachelet nimmt immer wieder reflektierende Passagen des Originals auf, verweigert sich somit einer plakativen Nacherzählung. Dieses Prinzip setzt sich in der Inszenierung von Sanchez fort. Auf einem von Holzpfeilern gestützten Hochparterre (Simeon Meier), dem man zunächst nicht sonderlich viel abzugewinnen vermag, sitzen die Darsteller auf parallel angeordneten Stühlen, als stünde ein Lehrstück von Brecht zur Aufführung an. Doch der Mix aus Doku und Theaterspiel überzeugt mehr und mehr. Später beginnt sich das Podium zu drehen, seine Stützpfeiler fallen ab, es wird zum Schiff auf der Überfahrt nach Amerika und dieses Land schließlich selbst. Die überragende Darstellung von Bruno Cathomas, welche Mendels verengte Gläubigkeit beklemmend zur Wirkung bringt, wirft zwangsläufig einen Qualitätsgraben zu den Leistungen der anderen Akteure auf. Gleichwohl bilden sie ein starkes Ensemble: Sabine Orléans (Deborah), Julia Riedler (Mirjam, die zuletzt dem Wahn anheim fällt), Jakob Leo Stark (Jonas), Thomas Müller (Schemarjah), Niklas Kohrt (Menuchim) und Axel Pape. Der Abend beschäftigt noch lange nach seinem Ende. CZ

Montag, 02. Februar 2015 | Kritiken

Hiob | © Martin Miseré

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