Anderthalb Stunden zu spät |
Theater am Dom
Die Handlung könnte auch tragisch verlaufen. Laurence hat keine Lust auf ein bevorstehendes Einladungsessen, wohl aber, sich mit ihrem Göttergatten einmal so richtig auszutauschen, sozusagen bis ins Mark hinein.
Gut, dass Pierre ein umgänglicher Mensch ist und ihre die Caprice nachsieht. Also: es wird geredet, über Befindlichkeiten, über die Kinder, über Versäumtes, über Hoffnungen. Für Laurence, die bereits Großmutter geworden ist, und Pierre, welcher dem Rentnerdasein entgegen sieht, kommen dabei auch unbekannte Dinge ans Licht. Etwa, dass eine Affäre von Laurence in Wirklichkeit nie stattgefunden hat. Das baut der Autor zu einem ziemlich kalauernden Wortgefecht aus. Im zweiten Teil des Abends, wo sich das Paar bereits ein wenig gelockert hat, wird die psychologische Untermauerung noch matter. Aber witzige Dialoge kann Sibleyras schreiben, wahrscheinlich dankt man auch der Übersetzung Einiges. Zuletzt will Laurence übrigens doch noch zum Essen gehen, anderthalb Stunden zu spät. Ihr leicht chaotisches Naturell spielt Nora von Collande wirkungsvoll aus. Herbert Hermann stand vor knapp dreißig Jahren zuletzt auf der TaD-Bühne, verfügt aber auch als Mittsiebziger noch über Jungencharme. Als Regisseur lässt er die Zügel locker, sehr locker.
CZ
Dienstag, 05. April 2016 | Kritiken
