
Inhalt
Alice Sara Ott, Klavier
Joana Mallwitz, Dirigentin
Ludwig van Beethoven (1770-1827)
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 c-Moll op. 37
Ludwig van Beethoven wurde am 16. Dezember 1770 in Bonn geboren. Er stammte aus einer aus dem Flämischen eingewanderten Musikerfamilie und wurde sehr früh zunächst vom Vater musikalisch ausgebildet, später dann von Christian Gottlob Neefe (ab 1782). Sein erstes öffentliches Konzert gab er - wie Mozart als "Wunderkind" angepriesen - 1778 in einem Kölner Akademiekonzert, ab 1783 veröffentlichte er erste Werke und arbeitete als Organist und Cembalist bei der Bonner Hofkapelle. 1787 begegnete er Mozart während eines Aufenthaltes in Wien, wohin Beethoven auch 1792 übersiedelte. Seit 1793 nahm er u.a. Unterricht bei Joseph Haydn. Parallel zu seinem steigenden Ruhm stellte sich ab 1798 ein rasch wachsendes Gehörleiden ein, welches 1819 zur völligen Ertaubung führte. Er starb am 26. März 1827 in Wien.
Die fünf Klavierkonzerte Beethovens markieren eine nachhaltig wirksame Phase in der Entwicklung der Gattung auf dem Weg von frühklassischen Instrumentalkonzert des 18. Jahrhunderts zum großen Virtuosenkonzert des 19. Jahrhunderts, bei dem der Solist dem gesamten Orchester als dominierender Antipode gegenübertritt. Dabei repräsentieren die beiden ersten Konzerte Beethovens Weg zum Typus des so genannten sinfonischen Konzerts, den die drei folgenden, in sehr unterschiedlicher Weise allerdings, ausprägen und damit weit in die Zukunft weisen. Als Beethoven Ende 1800 seine beiden ersten Klavierkonzerte verkaufte, erwähnte er, er habe auch noch "Bessere", die er aber einstweilen für sich "behalte, bis ich eine Reise mache". Gemeint war natürlich eine Konzertreise, und im Auge hatte er offenbar das eben vollendete c-Moll-Konzert. Es ist Prinz Louis Ferdinand von Preußen gewidmet. Uraufgeführt wurde es erst am 5. April 1803 in Wien. Zum ersten Mal wird in diesem Konzert die Sphäre der Gesellschaftsmusik verlassen, das Klavierkonzert wird zur Sinfonie mit konzertierendem Klavier. Schon die Tonart c-Moll, der Beethoven einige seiner typischsten Werke anvertraut hat, deutet auf die hier angestrebte neue Qualität. Nicht der geistreiche Austausch der musikalischen Gedanken, sondern der Widerstreit der Idee prägt den Verlauf, die konzertante Struktur wird zum inhaltlichen Programm. Der Solist tritt als "heroisches" Individuum dem Kollektiv des Orchesters gegenüber. Möglich wurde diese neue Balance auch durch die verbesserte Klaviertechnik, die Beethoven für seinen gewichtigeren, stärker akkordisch auftretenden Klaviersatz nutzt. Der Charakter des Konzertes ist geprägt von der Spannung zwischen düster-kämpferischen Tonfällen und dem Zauber gesanglicher Linienführung. Schon in den Rahmensätzen selbst wird diese Spannung auskomponiert, vor allem aber im Verhältnis der Ecksätze zum "Largo". Dieser Mittelsatz steht in E-Dur und wirkt allein dadurch wie entrückt. Zwischen den lapidaren und dramatischen Kopfsatz und das dämonisch aggressive Schluss-Rondo stellt Beethoven hier eine Sphäre äußerster Ruhe, in der eine erhabene Melodie figurativ aufgelöst wird. Der Kopfsatz ("Allegro con brio") entspricht dem Formschema des Sonatenhauptsatzes in der für Konzerte üblichen Weise mit einer doppelten Exposition für das Orchester und für das Soloinstrument. Das Hauptthema des Orchesters kombiniert zwei kontrastierende Motive, den aufsteigenden c-Moll-Akkord mit dem geradezu ohrwurmartigen "Pochmotiv" und eine lyrisch gehaltene Fortsetzung. Die ausgedehnte Orchesterexposition wird dann unter Führung des Soloinstruments in variierender Ausgestaltung wiederholt. Das pochende Motiv bestimmt die Durchführung. Die Reprise entspricht der Exposition, ohne sie einfach zu wiederholen. Der Satz kulminiert in einer groß angelegten Kadenz des Solisten, die Beethoven vermutlich für den Erzherzog Rudolph, seinen Gönner und Schüler, nachträglich komponiert hat. Einen deutlichen Kontrast bildet dann der in der von c-Moll weit entfernten Tonart E-Dur gehaltene Mittelsatz ("Largo"). In der einfachen dreiteiligen Grundanlage dominiert zunächst das Soloinstrument, das allmählich in einen immer dichter werdenden Dialog mit dem Orchester tritt. Im Mittelteil entfalten Flöte und Fagott einen eigenen Dialog, der von rauschenden Klavierarpeggien grundiert wird. Dann übernimmt erneut das Klavier die Führung. Einen markanten Kontrast zu diesem versonnenen Mittelsatz bildet der schwungvolle Finalsatz, seiner Bauform nach ein Rondo ("Rondo. Allegro") von großem Elan mit einem eleganten, rhythmisch deutlich markierten Thema. Bei seinem wiederholten Auftreten scheint dieses Thema immer an der gleichen Stelle zum Stillstand zu kommen, den der Komponist mit immer neuen Anläufen "füllt", in der Art einer komponierten Frage. Erst beim letzten Mal wird diese in einer effektvollen Stretta beantwortet.
Gustav Mahler (1860-1911)
Sinfonie Nr. 5 cis-Moll
Gustav Mahler wurde als Sohn eines jüdischen Kaufmanns im böhmischen Kalischt, einem kleinen Marktflecken in der Nähe der böhmisch-mährischen Grenze, geboren. Am Wiener Konservatorium konnte er nur studieren, weil sich ein Lehrer bereitfand, einen Teil der Studiengebühren zu übernehmen. Als Kapellmeister fand er später in Leipzig und Budapest eine Anstellung. 1891 wurde er als erster Kapellmeister nach Hamburg berufen. 1897 errang Mahler für die Dauer von 10 Jahren die begehrte Stelle des Hofoperndirektors in Wien. Dort wurde er immer wieder wegen seiner künstlerischen Tätigkeit und seiner jüdischen Herkunft angefeindet. Dennoch leitete er die Hofoper mit großem Erfolg. Aber die Anforderungen dieses Musikbetriebes brachten es auch mit sich, dass er sich lediglich in den Ferienmonaten intensiv mit seinen Kompositionen beschäftigen konnte. 1907 legte Mahler, der andauernden Auseinandersetzungen müde, die Leitung der Hofoper nieder, auch um sich verstärkt seinem kompositorischen Schaffen widmen zu können. Doch noch im gleichen Jahr schloss er einen Vertrag mit der Metropolitan Opera in New York und begann am Neujahrstag des Jahres 1908 mit „Tristan und Isolde” seine Dirigententätigkeit in den Vereinigten Staaten. 1911 gab er sein letztes Konzert in New York, wenige Monate vor seinem Tod.
Im Frühjahr 1901 hatte Mahler mit der Komposition seiner „Fünften“ begonnen. Eingespannt zwischen den vielfältigen Verpflichtungen in Wien und den Ambitionen des in allen Musikzentren Europas gastierenden Dirigenten, blieben dem Komponisten nur die Wochen zwischen zwei Opern- bzw. Konzertspielzeiten. In den beiden folgenden Jahren wurde die Arbeit fortgeführt und im September 1903 konnte Mahler von den Kopierarbeiten und den Plänen für die Drucklegung der fünften Sinfonie berichten. Mit Köln ist diese Sinfonie in besonderer Weise verbunden, weil Mahler sich auf der Suche nach einer Uraufführungsstätte, deren Publikum und Kritik noch nicht durch frühere Misserfolge mit seinen Werken voreingenommen war, für Köln entschied. Doch auch das damalige Kölner Publikum war der Modernität Mahlerscher Musik nicht gewachsen. Bereits bei der Generalprobe war abfälliges Zischen zu vernehmen, so dass Mahler später diese Entscheidung für Köln bedauerte. Die Uraufführung fand am 18. Oktober 1904 im Gürzenich statt.
Mit der fünften Sinfonie begann Mahler eine neue Episode seines sinfonischen Schaffens. Diese ist gekennzeichnet durch eine fast vollständige Abkehr von der Motiv-Verwendung der „Wunderhorn“-Lieder innerhalb seiner sinfonischen Werke. Die ersten vier Sinfonien, auch „Wunderhorn-Sinfonien“ genannt, gewinnen ihren typischen Charakterzug durch die ausgedehnten Vokalpartien, die immer der Volksliedersammlung „Des Knaben Wunderhorn“ entlehnt waren sowie einer klar strukturierten Programmatik. Hier nun, in der fünften Sinfonie, ist eine deutliche Hinwendung zum rein Instrumentalen zu beobachten, was natürlich eine gesteigerte Komplexität der Satztechnik verlangt. Biographen haben die Fünfte, Sechste und Siebte Mahlers „Welt-Sinfonien“ genannt: Diesseitsorientiert im Gegensatz zur Jenseitsbezogenheit ihrer vier Vorläuferinnen. Mahlers Konzeption der „Fünften“ brach also mit den sinfonischen Gepflogenheiten des 19. Jahrhunderts auf verschiedenen Ebenen: Die Fünfsätzigkeit an sich genommen war nicht so neu wie die gesamte formale Anlage des Werkes. Der erste Satz („Trauermarsch, in gemessenem Schritt, streng wie ein Kondukt“) ist wie eine große Introduktion zum zweiten Satz („Stürmisch bewegt, mit größter Vehemenz“), in dem sich erst die eigentlich sinfonische Exposition vollzieht. Wie die beiden ersten Sätze zusammengehören und gewissermaßen eine Abteilung bilden, so verbinden sich auch der vierte („Adagietto. Sehr langsam“) und fünfte („Rondo-Finale. Allegro giocoso“) Satz zu einer eigenen Einheit. Dazwischen steht als ein eigener Block das „Scherzo. Kräftig, nicht zu schnell“ von einer alle bisher gewohnten Dimensionen sprengenden Ausdehnung. Neu ist auch, dass diese Sinfonie kein harmonisches Zentrum mehr hat, so dass eine Tonartenbezeichnung des Werkes – wie sie bis heute immer wieder versucht wird – eigentlich nicht möglich ist. 1904 schreibt Mahler an seinen Leipziger Verleger Peters: „Es ist schwer möglich von einer Tonart der ganzen Sinfonie zu sprechen, und bleibt, um Missverständnissen vorzubeugen, lieber eine solche besser unbezeichnet.“ Neu ist schließlich eine ungewohnte Art der Polyphonie (Vielstimmigkeit), die jeder einzelnen Orchesterstimme Bedeutsamkeit zuweist. Durch zahlreiche Partiturangaben versucht Mahler, eine größtmögliche Individualisierung der aufeinander bezogenen Stimmen zu erreichen. Er schreibt: „Die einzelnen Stimmen sind so schwierig zu spielen, dass sie eigentlich lauter Solisten bedürften. Da sind mir die kühnsten Passagen und Bewegungen entschlüpft.“
Die Sinfonie beginnt mit einem schwermütigen Trauermarsch, der – mit Ausnahme der beiden eingeschobenen Trios – gleichsam entwicklungslos auf der Stelle verharrt. Umso wirkungsvoller kontrastiert der im Sonatenhauptsatzschema angelegte zweite Satz mit seiner vorwärtsdrängenden Dynamik, dessen „Allegro“-Teile aus dem Hauptthema entwickelt werden, während die langsamen Teile wieder thematisch den einleitenden Trauermarsch aufnehmen. Im Verlauf der Durchführung kristallisiert sich allmählich ein weiteres Thema heraus, das zunächst den Eindruck erweckt, als könne es dem Satz eine qualitativ neue Wendung geben. Nach Abschluss der Reprise mündet der Satz in einen Choral. Doch bereits nach wenigen Takten wird dieses Choralthema zurückgenommen und an seine Stelle tritt eine Coda, die wie schon zuvor der Trauermarsch quasi musikalisch „zerrinnt“. Der dritte Satz ist formal als ein groß angelegtes „Scherzo“ mit zwei Trios und ausgedehnten Durchführungspartien gestaltet, das vielfältige Reminiszenzen an überlieferte musikalische Formen weckt: Ländler und Walzer klingen an, doch in der für Mahler typischen ironisch oder sarkastisch gebrochenen Gestalt. Die dritte Abteilung nimmt den Grundriss der ersten wieder auf. Auf das einleitende „Adagietto“ mit seinen leicht sentimentalen Melodien, oft charakterisiert als „Lied ohne Worte für Harfe und Streichorchester“, folgt der Finalsatz, der in eigentümlicher Weise auf das Choralthema des zweiten Satzes zurückgreift, dieses zur motivischen Grundlage nimmt, dabei aber das Thema seines Choralcharakters „entkleidet“. Die Musikwissenschaft spricht von einer „Säkularisierung“ des Choralthemas, die am Schluss des Satzes noch einmal überraschenderweise umschlägt: Am Ende präsentiert sich der Choral noch einmal in seiner ursprünglichen Gestalt, jedoch nur, „um in dem überaus irdischen Wirbel einer Schluss-Stretta seine Verweltlichung zu vollenden“ (Sponheuer).
Genre:
Konzert
Bischofsgartenstraße 1
50667 Köln
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Mai 2026
Konzerthausorchester Berlin
Konzert | Beethoven & Mahler
