Inhalt
Anu Komsi, Sopran
Sakari Oramo, Dirigent
Richard Strauss (1864 – 1949)
Tod und Verklärung op. 24 TrV 158
Tondichtung für großes Orchester
Richard Strauss’ „Tod und Verklärung“ op. 24, komponiert 1888–1889, gilt als Schlüsselwerk der spätromantischen Programmmusik. In dieser Sinfonischen Dichtung, die Strauss im Alter von nur 24 Jahren schuf, setzt er sich mit dem Übergang vom Leben zum Tod und darüber hinaus mit der Idee einer metaphysischen Verklärung auseinander. Die Uraufführung fand 1890 in Eisenach unter seiner eigenen Leitung statt. Strauss schrieb das Werk in einer Phase intensiver Auseinandersetzung mit dem Tod und der Idee einer künstlerischen Transzendenz. Das Werk gehört zur ersten Gruppe seiner Tondichtungen, neben „Macbeth“ und „Don Juan“. Strauss hat die verbreitete Ansicht, seine Tondichtung spiegele eigene Krankheitserfahrungen wider, ausdrücklich zurückgewiesen. Vier Jahre nach der Uraufführung entwickelte er in einem Brief an Friedrich von Hausegger ein Programm zum Werk, das die Stationen eines Lebens- und Sterbensweges
musikalisch darstellt. Strauss schrieb: „Vor sechs Jahren kam mir der Gedanke, die Todesstunde eines Menschen, der nach den höchsten Zielen gestrebt hatte, also wohl eines Künstlers, in einer Tondichtung darzustellen. Der Kranke liegt im Schlummer, schwer und unregelmäßig atmend, im Bett. Freundliche Träume zaubern ein Lächeln auf sein Gesicht. Der Schlaf wird leichter, er erwacht. Grässliche Schmerzen beginnen ihn wieder zu foltern, das Fieber schüttelt seine Glieder. Als der Anfall endet und die Schmerzen nachlassen, denkt er an sein vergangenes Leben: seine Kindheit, seine Jugend mit ihren Bestrebungen und Leidenschaften. Während erneut Schmerzen einsetzen, erscheint ihm die Frucht seines Lebensweges, die Idee, das Ideal, das er künstlerisch darzustellen versuchte, aber nicht vollenden konnte, weil es von einem Menschen nicht zu vollenden war. Die Todesstunde naht, die Seele verlässt den Körper, um im ewigen
Weltraum das in herrlichster Gestalt zu finden, was er auf Erden nicht erfüllen konnte.“ Strauss entwirft also ein musikalisches Drama, das die letzten Lebensmomente eines Künstlers schildert. Der Hörer erlebt zunächst das schwache, unregelmäßige Atmen des Sterbenden, gefolgt von einem dramatischen innerenKampf mit dem Tod. In Rückblenden erscheinen Erinnerungen an Kindheit, Liebe und das Streben nach künstlerischer Vollendung. Schließlich mündet das Werk in eine triumphale Apotheose: Der Künstler erreicht im Tod das Ideal, das ihm zu Lebzeiten verwehrt blieb. Die verschiedenen Erinnerungsthemen sind musikalisch und satztechnisch Stufen auf dem Weg zur Entfaltung des Bläser-Hauptthemas, des „Ideal“-Themas, bis hin zu dessen vollendeter Gestalt. Strauss zitiert dieses Thema später nicht nur in der Tondichtung „Ein Heldenleben“, sondern auch kurz vor seinem Tod in einem seiner letzten Lieder.
Spieldauer: ca. 27 Min.
Sir George Benjamin (*1960)
Interludes and Aria from 'Lessons in Love and Violence'
für Sopran und Orchester
Der 1960 in Großbritannien geborene George Benjamin gehört mittlerweile zu den gefragten Komponisten, die auch als Dirigent hervortreten. Er hat seit seinem Kompositionsstudium am Pariser Konservatorium bei Olivier Messiaen ein enges und intensives Verhältnis zu Frankreich. Diese enge Anbindung schlägt sich auch in seinen Kompositionen nieder, die deutlich und stark von der intensiven Auseinandersetzung mit den Werken von Claude Debussy, Olivier Messiaen und Pierre Boulez geprägt sind. „Interludes and Aria from ‘Lessons in Love and Violence’“ ist eine 2024 entstandene Konzertfassung von George Benjamins gleichnamiger Oper. Die etwa 15-minütige Komposition wurde am 9. Januar 2025 im Barbican Centre in London uraufgeführt. Barbara Hannigan sang, begleitet vom London Symphony Orchestra unter Sir Simon Rattle. Grundlage ist Benjamins Oper *Lessons in Love and Violence*, die 2018 in London Premiere feierte und das Leben von König Edward II sowie seine Beziehung zu Gaveston beleuchtet. George Benjamin schrieb selbst über das Werk:
„Dieses Werk enthält eine Montage von Orchesterausschnitten sowie eine zentrale Arie für Sopran, die aus der dritten von vier Opern stammt, an denen Martin Crimp und ich in den letzten zwei Jahrzehnten zusammengearbeitet haben. Die Handlung basiert auf dem Leben Edwards II. und erzählt von der obsessiven Verehrung des Königs für seinen Geliebten Gaveston und seiner skandalösen – und letztlich tödlichen – Vernachlässigung seiner Frau Isabel und seines Landes.“ Die Besetzung ist hochkomplex: Neben einem großen Orchester mit erweiterter Holz- und Blechbläsersektion kommen auch zwei Harfen, ein Cimbalom und ein umfangreiches Schlagwerk zum Einsatz, darunter exotische Instrumente wie Vibraslap, Guiros und Tuned Gongs. Diese Klangfarben erzeugen eine dichte, oft schmerzlich expressive Atmosphäre, die die psychologischen Spannungen der Oper reflektiert. „Interludes and Aria“ ist Sir Simon Rattle zu seinem 70. Geburtstag gewidmet. Die sieben Sätze, die meisten von ihnen kurz, folgen nahtlos aufeinander:
1. Geräumig und warm im Ton, dominiert von geschwungenen Geigenlinien
2. Tief in der Textur und mürrisch in der Atmosphäre, ein düsteres Nachtspiel, das von episodischen Blechbläseroktaven und am Ende von einem Paar läutender Gongs geprägt ist.
3. Eine schnelle und energiegeladene Toccata.
4. Isabels Arie aus der zweiten Szene der Oper. Die Arie folgt unmittelbar auf die Aussagen von drei Zeugen, die heimlich in den Palast gebracht wurden, um Isabel ihre Beschwerden mitzuteilen. Sie behaupten, dass Gaveston ihr Land enteignet und sich in extravaganten musikalischen Unterhaltungen ergehen lasse, während sie hungerten. Sie spielen auch auf das grenzüberschreitende sexuelle Verhalten des Königs an. Als Reaktion darauf kontrolliert Isabel ihre Wut, erkennt ihre gemeinsame Menschlichkeit an, erteilt den Zeugen dann aber eine deutliche Lektion über den Unterschied zwischen monetärem und ästhetischem Wert, indem sie vor ihnen eine kostbare Perle auflöst, bevor sie sie hinauswirft. Sie hat jedoch die Warnung verstanden und erkannt, dass die politische Stabilität nur durch die Zerstörung Gavestons wiederhergestellt werden kann
5. Ein turbulentes Tutti, in dem in einem viel turbulenteren Kontext die Blechbläseroktaven und Gongs des zweiten Satzes wiederkehren
6. Ein langsamer und stattlicher Choral, der schließlich in einen anhaltenden orchestralen Flächenbrand ausbricht.
7. Eine kurze, rastlose Coda.
Spieldauer: ca. 15 Min.
Jonathan Harvey (1939 – 2012)
Tranquil Abiding
für Orchester
Jonathan Harvey wurde 1939 in Sutton Coldfield, England, geboren und entwickelte sich zu einem der bedeutendsten britischen Komponisten zeitgenössischer Musik. Nach einem Philosophiestudium in Cambridge wandte er sich auf Anraten von Benjamin Britten der Musik zu und studierte bei Erwin Stein und Hans Keller. Harvey verband westliche Avantgarde mit spirituellen Einflüssen, insbesondere dem Buddhismus, und arbeitete u. a. am IRCAM in Paris mit Pierre Boulez. Zu seinen bekanntesten Werken zählen „Mortuos Plango, Vivos Voco“, „Bhakti“ und „Tranquil Abiding“. Er starb 2012 in Lewes. „Tranquil Abiding“ ist ein meditatives Orchesterwerk, das von buddhistischer Kontemplation inspiriert ist und durch seine klangliche Stille und spirituelle Tiefe besticht. Es stammt aus dem Jahre 1999, die Uraufführung fand am 10. Juni 1999 im Lincoln Center in New York statt. Der Titel bezieht sich auf einen zentralen Begriff aus der buddhistischen Praxis: Shamatha, der Zustand ruhiger, stabiler Aufmerksamkeit. Harvey, selbst tief beeinflusst von östlicher Philosophie und Spiritualität, übersetzt dieses Konzept in eine etwa 14-minütige musikalische Meditation für Kammerorchester. Das Werk beginnt mit einem einfachen, atmenden Motiv in den tiefen Streichern, das sich langsam durch das Orchester entfaltet. Diese „Atembewegung“ bildet das strukturelle und emotionale Rückgrat des Stücks. Die Musik bleibt über weite Strecken ruhig, fast schwebend, und erzeugt eine Atmosphäre der inneren Sammlung. Besonders auffällig ist die Instrumentation: Neben einem kleinen Orchester
kommen zahlreiche Klangkörper aus der asiatischen Ritualmusik zum Einsatz – darunter japanische Rin-Glocken, kleine Klangschalen, Bambusklappern und Gongs. Diese verleihen dem Werk einen zeremoniellen Anstrich und eine klangliche Aura, die an Tempelrituale erinnert.Trotz der äußeren Ruhe ist „Tranquil Abiding“ reich an innerer Bewegung. Die Musik entwickelt sich in subtilen Schichten, wobei sich Klangfarben verschieben und überlagern. Gegen Ende steigert sich die Intensität leicht, bevor das Werk mit einem leisen, aber eindringlichen Nachhall der Bambusklänge endet – wie ein Ausatmen in die Stille.
Spieldauer: ca. 14 Min.
Richard Strauss (1864-1949)
Vier letzte Lieder TrV 296
für Sopran und Orchester
Die Gattung Lied zieht sich wie ein roter Faden durch das Schaffen von Richard Strauss In seiner Frau Pauline de Ahne hatte er dabei eine ausgezeichnete Interpretin. Der großen Opernsängerin widmete Strauss viele Liederzyklen, teils als offene, teils als versteckte Liebeserklärungen. Auch in den „Vierletzten Liedern", die der damals 84 Jahre alte Strauss zwischen Mai und September 1948 komponierte, huldigte er demutsvoll seiner Gattin. In allen Texten ist das Motiv des Abschiednehmens, des Müde- Werdens die vorherrschende Aussage. Jedoch ist nie ein Ansatz von Schmerz oder quälender Trauer zu spüren. Entstanden sind die Lieder nach Aussage des Sohnes Franz Strauss auf dessen Appell hin, der Vater möge sich durch die Kompositionen einiger Lieder über die widrigen, von Sorgen bedrängten Lebensumstände erheben. Die Lieder für Sopran und großes Orchester beinhalten erstmals im Schaffen von Strauss drei Texte von Hermann Hesse. Die Stücke beinhalten einerseits konkrete lautmalerische Elemente wie Vogelgesang, andererseits sind sie von einer neuen klanglichen Transparenz geprägt, mit der Strauss zu einer überzeugenden Synthese zwischen romantischem Klangideal und klassischem Maß gefunden hat. Im ersten Lied, „Frühling" (In dämmrigen Grüften), ahmt die Singstimme in ruhigen Koloraturen Vogelgesang nach. Weite Melodiebögen künden von einem noch einmal empfundenen Glück. Der „September" (Der Garten trauert) wird aus ruhenden Wechselharmonien entwickelt. Alles ist erfüllt von dem goldenen Licht des sterbenden Sommers. „Beim Schlafengehen" (Nun der Tag mich müd gemacht) umschlingen einfache Melodien des Orchesters die Singstimme. Von starker Wirkung sind die ruhig durch zwei Oktaven aufsteigenden Bass-Skalen am Beginn der Schlussstrophe. Den Schluss bildet das einzige Lied des Zyklus von Eichendorff „Im Abendrot" (Wir sind durch Not und Freude gegangen Hand in Hand).
Spieldauer: ca. 22 Min.
Genre:
Konzert
Bischofsgartenstraße 1
50667 Köln
Ihre Eintrittskarte ist zugleich Hin- und Rückfahrkarte 2. Klasse im Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS).
Tickets & Termine
Dezember 2025
Gürzenich-Orchester Köln
Schwanengesang
Konzert | Harvey, Strauss & Benjamin
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Konzert | Harvey, Strauss & Benjamin
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