Wut | Depot 1
von Elfriede Jelinek Nach „Schwarzwasser“ ist „Wut“ das zweite Stück von Elfriede Jelinek im Programm des Kölner Schauspielhauses in der Saison 20/21.
Konnte man in „Schwarzwasser“ schon einen Teil der Kulisse von „Wut“ sehen, erstahlt die von Ersan Mondtag entworfene Bühne nun in voller Pracht. In der Mitte sind zwei Klauen und Beine eines Adlers zu sehen. Hoch oben in den Beinen sind Fenster eingelassen. Benny Claessens beugt sich daraus hervor. Das ganze erinnert an den Muezzin in einem Minarett. Ein sehr passender Einstieg, setzt sich das Stück doch mit Macht und der Glorifizierung von Terror und Mord auseinander. Es finden sich nicht nur Anspielungen auf den Anschlag auf die französische Zeitschrift Charlie Hebdo, sondern auch auf Allah, Gott, Masturbation und (Homo-)Sexualität. Der Humor der Inszenierung ist schwarz, terrorschwarz. Ein Galgenhumor, bei dem einem ab und an das Lachen in der Kehle stecken bleibt. Das Stück stößt an die Grenze des Unangenehmen und überschreitet diese immer wieder. Manchmal möchte man die Fernbedienung in die Hand nehmen, um den Ton leiser zu drehen, so unangenehm ist es. Doch genau dieses Unangenehme macht das Gezeigte so gut und wahr. Benny Claessens spielt kompromisslos, fast schon unschuldig. Die geniale Inszenierung von Ersan Mondtag ist es definitiv wert, sie noch ein zweites und drittes Mal zu sehen, um das volle Ausmaß des Stücks zu erfassen.
RJ
Donnerstag, 19. November 2020 | Kritiken