Interview mit der PUCK-Gewinnerin 2021
„Ich bin einfach unglaublich dankbar.“
Kirsten Engelmann, Jahrgang 1988, ist Absolventin der Arturo Schauspielschule. Im Dezember vergangenen Jahres hat sie den Puck, den Preis für die beste Nachwuchsschauspielerin, gewonnen. Der Preis wird alljährlich von der Theatergemeinde Köln in Kooperation mit der Rheinenergie AG vergeben. Ich treffe die sympathische Hessin in einem Café in der Kölner Südstadt. Wir sind beide geimpft und haben uns vor dem Treffen extra getestet.
Rheinkultur (RK): Geht es Ihnen gut?
Kirsten Engelmann (KE): Ich merke, dass in den letzten Wochen unglaublich viel passiert ist. Das muss ich erst einmal alles realisieren und reflektieren.
RK: Positives?
KE: Ja, die positiven Sachen überwiegen deutlich. Ausbildungsende, der Puck Preis, die Aufführungen in der Comedia, das weitere Engagement dort, das mir im November angeboten wurde. Das ist überwältigend.
RK: War der Puck ein Preis, den Sie von Anfang an im Blick hatten?
KE: Ja, seit dem zweiten Semester. Durch einen Schauspieler, den ich am Theater der Keller bei „Clockwork Orange“ gesehen hatte, habe ich davon erfahren. Er hat mich so beeindruckt. Bei Recherchen habe ich erfahren, dass er für den Puck nominiert war. So war der Gewinn des Preises seit dem Anfang der Ausbildung ein Traum.
RK: Wie war die Reaktion auf die Nominierung?
KE: Es war wirklich unglaublich. Mein Herz raste. Ich habe am ganzen Körper gezittert und gelacht und vor Glück geschrien. Es war sehr irreal. Es hat ein paar Tage gedauert, bis ich es begriffen habe.
RK: Und als Sie gewonnen haben?
KE: Das war ähnlich. Die Nominierung an sich bedeutete mir schon viel, weil es bei einer so großen Szene in Köln so ein großes Lob ist. Als die Preisverleihung angefangen hat und dann die Rede auf den Puck kam, stieg mein Puls auf 180.
RK: Gibt es eine Traumrolle, auf die Sie hinarbeiten?
KE: Ich würde unheimlich gerne die Beatrice in „Viel Lärm um nichts“ von Shakespeare spielen. Sie ist so temperamentvoll und energiegeladen und lässt alles raus, was sie fühlt und denkt. Solche Rollen gefallen mir generell sehr.
RK: Haben Sie ein Lieblingsstück?
KE: Ich liebe „Romeo & Julia“, obwohl es so ausgelutscht ist. Aber ich finde es wunderschön. Hier in der Kölner Szene ist eins meiner Lieblingsstücke „Emil & die Detektive“ am Comedia Theater. Ich liebe es, weil es so unglaublich lustig ist. Ansonsten kann ich mich nicht wirklich festlegen. Es gibt in jedem Bereich mindestens ein Stück, das ich toll finde.
RK: Auf welcher Bühne würden Sie gerne einmal spielen?
KE: Im Burgtheater in Wien. Zu Beginn meiner Ausbildung habe ich gemerkt, diese großen Bühnen mit Logen, diese alten, klassischen Theater, ziehen mich an. Dann denke ich mir, das Wiener Burgtheater ist eine Liga, in die ich wahrscheinlich niemals aufsteigen werde. Aber wenn ich mir nicht erlaube groß zu träumen, wo geht es dann hin?
RK: Können Sie sich an ihr erstes Theatererlebnis erinnern?
KE: Ich glaube, das geht zurück in die vierte Klasse. Da haben wir Pippi Langstrumpf gesehen. Weder meine Schule noch meine Eltern haben mich ans Theater herangeführt. Sie haben versucht, mich für Oper und Musical zu begeistern. Aber das hat nicht gefruchtet. Die richtig große Theaterliebe ist auch erst in der Schauspielschule gekommen.
RK: Wie kam es zu der Entscheidung nach Köln zu gehen?
KE: Ich habe schon als Teenagerin davon geträumt, Schauspielerin zu werden. Als ich in der elften Klasse war, habe ich ein Praktikum an einer Schauspielschule gemacht. Es gab keine Theater AG oder so etwas Ähnliches bei mir an der Schule. Deshalb habe ich jede Gelegenheit genutzt, auf der Bühne zu stehen. Trotzdem wollte ich erst einmal etwas Vernünftiges machen,habe mein Abitur gemacht und studiert. Danach habe ich sofort einen Job bekommen. Es ist einfach alles an mir vorbeigezogen. Mit 28 saß ich bei der Arbeit und dachte: „Eigentlich wollte ich doch Schauspielerin werden.“ Daraufhin habe ich Schauspielschule Köln gegoogelt, weil Köln die nächstgelegene Stadt war.. Es war keine Entscheidung für die Stadt Köln, sondern mehr für die Schauspielschule. Aber dann habe ich mich ganz schnell in Köln verliebt.
RK: Mögen Sie lieber Lob oder Kritik?
KE: Mit zu viel Lob fühle ich mich schnell überfordert. Irgendwann kann ich damit nichts mehr anfangen. Ich möchte mich ja weiterentwickeln. In den letzten Jahren habe ich jedoch sehr gut gelernt, mit Kritik umzugehen. Mir das wirklich anhören zu können, aber auch differenzieren zu können was sinnvoll ist und was nicht. Prinzipiell finde ich Kritik gut, weil man anfängt, an sich zu arbeiten.
RK: Haben Sie noch etwas auf dem Herzen?
KE: Ich möchte noch einmal sagen, wie unglaublich dankbar ich für den Puck bin. Als ich den Preis abgeholt habe, habe ich mir die Laudatio noch einmal durchgelesen. Da habe ich erst gemerkt, dass ich in dem Moment, in dem die Laudatio gesprochen wurde, so auf Adrenalin war, dass ich die Hälfte nicht gehört habe. Beim Lesen saß ich in meiner Küche, hatte überall Gänsehaut und habe angefangen zu weinen, weil ich nicht glauben konnte, dass jemand so über mich spricht. Es ist ein Gefühl, das ich bisher noch nicht kannte. Ich bin einfach unglaublich dankbar über den Gewinn.
Das Gespräch führte Rebecca Jungbluth
Dienstag, 01. Februar 2022 | Kritiken