Opulente Operette
Eine Frau von Format | Oper Köln
Mit „Eine Frau von Format“ bringt die Oper Köln eine fast vergessenes Werk von Michael Krasznay-Krausz auf die Bühne – ein Wagnis, das sich musikalisch und optisch gelohnt hat. Die 1927 in Berlin uraufgeführte Operette, einst ein Erfolg mit Fritzi Massary in der Hauptrolle, war fast vollständig in Vergessenheit geraten. Dass sie nun in Köln in einer aufwändigen Neufassung zu sehen ist, gleicht einer kleinen musiktheatralen Ausgrabung. Dirigent Adam Benzwi rekonstruierte das Material liebevoll, arrangierte es neu und begleitet nun die Vorstellung teils virtuos am Klavier. Die Musik – ein bunter Mix aus Jazz, Tango und Revue – ist charmant und typisch für die 1920er, auch wenn der ganz große Ohrwurm fehlt.
Inhaltlich ist die Handlung simpel – politische Ränkespiele im fiktiven Silistrien und eine Liebesgeschichte mit Verwechslungen, Gefühlsverirrungen und Rollentausch, sind die operettentypischen Zutaten.
Szenisch überzeugt die Produktion vor allem durch Ausstattung und Spielfreude: Bühnenbildner Dieter Richter hat ein raffiniert wandelbares Hotelzimmer-Karussell gebaut, die opulenten, farbenfrohen Kostüme von Sarah Mittenbuhler sind ein echter Hingucker. Das Ensemble glänzt mit Energie und Spielwitz – allen voran Annette Dasch als Dschilli Bey, die mit starker Präsenz und fein nuanciertem Spiel überzeugt. Richard Glöckner begeistert als Baron Pista mit Charme, schöner Tenorstimme und großer Leichtigkeit, während Wolfgang Stefan Schweiger als Graf Tököli komödiantisches Talent zeigt. Kammersängerin Dalia Schaechter überrascht in einer urkomischen Hosenrolle, Tobias Hieronimi brilliert als Travestie-Baronin. Auch Chor und Tanzensemble tragen mit sichtbarer Freude zur Lebendigkeit des Abends bei.
Der inszenatorische Anspruch, aktuelle Themen wie Feminismus und Queerness aufzugreifen, mag überraschen und gibt auch Raum sich vertieft mit den Fragestellungen des Genres zu befassen. Doch wenn die Regie nicht zu viel will und die Bühne den Darstellern überlässt, blitzt die Operette mit ihrem augenzwinkernden Charme auf.
Unterm Strich ein unterhaltsamer Abend mit Unschärfen in der konzeptionellen Tiefe, aber großem Gewinn durch Musik, Ausstattung und ein spielfreudiges Ensemble.
Sebastian Jacobs
Montag, 12. Mai 2025 | Kritiken
